Ich experimentiere gern. Das zeigt sich zum Beispiel beim Kochen. Ich suche mir ein Rezept. Lege los. Waschen. Schneiden. Pfanne. Irgendwann während des Kochens beginne ich vom Rezept abzuweichen, ersetze Zutaten und füge neue Gewürze und Kräuter hinzu. Am Ende dient mir das Rezept lediglich als eine Art Inspiration und so ist das Ergebnis oft eine kleine Überraschung – meistens eine positive, aber auch nicht immer. Warum ist das so? Betrachten wir diese kleine Geschichte etwas näher.
Unsere Wahrnehmung basiert auf vergangenen Erfahrungen
“Ich suche mir ein Rezept.” Anhand meiner Erfahrungen entwickle ich ein Gefühl, ob mir dieses oder jenes Gericht schmecken könnte. Dabei ist die Einschätzung, ob das Gericht schmeckt eine rein subjektive Wahrnehmung und kann von anderen natürlich anders bewertet werden. Denn die eigene Wahrnehmung und deren Interpretation beruht auf Erfahrungen aus der Vergangenheit. Diese sind bei jedem Menschen anders. Kommen neue Erfahrungen hinzu, ändert sich die Wahrnehmung. So schmeckt mir das eine oder andere Rezept, dass ich mir vor Jahren notiert habe, heute nicht mehr. Dafür haben neue Rezepte Eingang in mein Kochbuch gefunden. So ändert sich nicht nur das Kochbuch aufgrund meiner Erfahrungen, sondern auch mein Gehirn. Letztendlich wähle ich ein Rezept, dass mir mit hoher Wahrscheinlichkeit schmecken und auch gelingen wird.
Fokussieren. Verstehen. Anwenden.
Doch wie lerne und entwickle ich neue Ideen? Alles startet mit einer Fokussierung der Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Thema oder eine Situation. Bleiben wir beim Beispiel Kochen. Die Konzentration auf den Prozess des Kochens aktiviert unser Gehirn. Im nächsten Schritt versuchen wir das Thema zu verstehen. Warum gieße ich das Öl nicht sofort in die Pfanne? Warum ändert sich der Geschmack, wenn ich Zwiebeln anbrate? Der dritte Schritt ist das Ausprobieren und Üben. Im Neudeutsch auch unter Do-it-yourself bekannt. Dadurch greife ich auf Erlerntes zurück und verankere diese in den neuronalen Strukturen des Gehirns. Je häufiger ich die Informationen dabei abrufe und nutze, desto mehr vernetzen sich meine Gehirnzellen. Ist die Information erst einmal verankert und das Konzept des Erlernten verstanden, beginne ich mit der Verarbeitung. “Irgendwann während des Kochens weiche ich immer wieder vom Rezept ab, ersetze Zutaten … ” So kann ich andere Erfahrungen einbringen, kreativ verwenden und entwickle ganz nebenbei neue Rezepte. Wie kann ich diese Schritte auch für andere Situationen trainieren oder schärfen und in meinen Tag einbauen?
Achte auf scheinbar kleine Dinge im Alltag und stelle dich gezielt neuen Erfahrungen
Achtsamkeitstraining, Qigong, Taiji, Yoga, Mediation fördern den Umgang mit Erfahrungen. Dies kann durch verschiedene Übungen unterstützt werden. Dabei sollte unser Interesse auf den nützlichen und positiven Erfahrungen liegen. Atmung, Berührung und postive Gefühle fördern zudem einen Zustand entspannter Offenheit und Empfänglichkeit für neue Erfahrungen. Dies hilft, um sich gezielt neuen Erfahrungen zu stellen.
Übung: Aufmerksamkeit – Dauer: 1 min – Wiederholung: 5-10 mal /Tag
- Wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf eine positive Erfahrung des heutigen Tages.
- Wir halten unsere Aufmerksamkeit 20 Sekunden auf dieser Erfahrung. Dabei verwenden wir 2-3 Atemzüge.
- Wir lassen die Erfahrung 30 Sekunden stärker werden und nehmen verschiedene Aspekte der Erfahrung wahr. Was empfinde und fühle ich? Was war neu und unbekannt für mich? Was ist interessant für mich an dieser Erfahrung?
- Wir spüren kurz nach.
“Am Ende ist das Rezept nicht mehr als ein Ausgangspunkt und das Ergebnis eine kleine Überraschung – meistens eine positive … “ Schade, dass ich die neuen Kreationen nie aufschreibe. Vielleicht wäre das eine oder andere Rezept wirklich richtig gut gewesen. Nun, dann erfindet es jemand anderes.
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